10/06/2012

Die Herbstjacke


Früher war es ganz einfach. Im Spätsommer gingen wir mit Mama in die heimische Fußgängerzone und wir bekamen die alljährliche Übergansjacke. Sie war meist in Form eines praktischen, farbenfrohen Anoraks, der uns bis spätestens November vor Wind und Regen schützen sollte. Mit der neuen Jacke haben wir nach der Schule die meiste Zeit draußen  verbracht. Wir haben Drachen steigen lassen, sind auf Bäume geklettert und haben Kastanien oder Herbstblätter gesammelt. Es waren tolle Abenteuer und unsere neue Jacke war perfekt für jede Wetterlage. Aus Sicherheitsgründen hatten wir am Rücken einen kleinen Blinki, der uns auch im Dunklen für Autos sichtbar machte. Toll, oder? 
Und plötzlich ist das alles nicht mehr so einfach. Zum einen bezahlt Mama in den meisten Fällen die Jacke nicht mehr und zum anderen gibt es in der Fußgängerzone der heimischen Kleinstadt nur noch Euroshops, Drogeriemärkte und Optiker. Außerdem haben wir die Qual der Wahl und wir müssen uns entscheiden, was wir von unserer neuen Übergangsjacke erwarten. Funktionalität oder Stil? Beides ist selten möglich. Wir müssen uns entscheiden zwischen dem eleganten Trenchcoat, der sportlichen Multifunktionsjacke, dem klassischen Regenmantel, der rustikalen Wachsjacke, dem lässigen Parka und so vielen verschiedenen Modellen und Versionen. Doch nicht nur das Modell wirft quälende Fragen auf. Auch die Farbe birgt so manche Schwierigkeiten. Entweder wir entscheiden uns für eine der aktuellen Trendfarben Bordeaux, Mint oder Flieder und somit meist nur für eine Saison im Trend. Oder wir begegnen dem tristen Herbst in knalligem Pink, Gelb oder einer anderen Neonfarbe und sehen der Gefahr ins Auge, dass wir uns selbst nach kurzer Zeit nicht mehr sehen können. Oder aber wir gehen auf Nummer sicher und bleiben doch wieder bei den Klassikern und wählen Schwarz, Braun oder Marine. Ist allerdings für die meisten nicht ganz so spannend. Und dann ist da ja noch die Frage der Investition. Hochwertigen Klassiker oder doch eher preiswerteres Trendteil? In die Zukunft investieren oder nur kurzfristig denken? Und wenn wir viel investieren, sollte es dann nicht lieber ein zeitloser Klassiker sein. Aber schütz der mich auch vor Wind und Wetter. Oh je; ich bin überfragt. Bei so vielen Entscheidungen brauch ich definitiv Hilfe.
Ich ruf mal Mama an und frag ob wir einen Anorak kaufen gehen… Wie früher…

1 Kommentar:

  1. ooooh ich weiß genau was du meinst! Auf einmal selbst alles entscheiden zu müssen/dürfen/sollen hat auch seine Nachteile...
    Schöner Post!
    LG

    AntwortenLöschen