Für die einen sind Trends
kleine, exotische Tierchen, die irgendwo auf einsamen Inseln leben, die man nur
vom Hören-Sagen kennt und die im eigenen Leben aber so gar keine Rolle spielen.
Für andere, und wohl die Mehrheit derer, die diese Mode Kolumne (!) lesen, sind
Trends ein großer Bestandteil des modischen Alltags und somit definitiv ein POI
(Point of Interest). Grund genug also, sich die kleinen Tierchen, oder was auch
immer, etwas genauer anzugucken. Die etwas staubige Theorie besagt, dass der
Begriff „Trend“ in der Soziologie als Instrument zur Verdeutlichung von
Änderungen benutzt wird, sich aus dem Englischen von „to trend“ ableitet und damit
wörtlich den Verlauf in eine bestimmte Richtung meint. Soweit etwas trocken,
aber schon mal logisch, denn auch in der Mode stehen die Trends immer für
Veränderungen und prägen das Erscheinungsbild einer bestimmten Gruppe und manchmal
auch das einer ganzen Generation. Sie dienen als Erkennungszeichen,
symbolisieren Gruppenzugehörigkeit und anhand einiger Trends lässt sich der Zeitpunkt
eines bestimmten Outfits genau bestimmen. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass die
Mode spannend, abwechslungsreich und zeitgemäß bleibt. Sie reflektieren
gesellschaftliche Strömungen, sie beeinflussen nicht nur die Textilindustrie,
sondern auch Musik, Film, Interieur oder Lifestyle und markieren oft auch den
Wechsel von einer Generation zur nächsten. Während früher Trends häufig über
Jahre anhielten und zum Aushängeschild ganzer Bewegungen wurden, so handelt es
sich dabei heute eher um ein schnelllebiges und hartes Business. Was eben noch
der letzte Schrei war, ist gefühlte drei Sekunden später so absolut gar nicht
mehr salonfähig. Aber so wirklich verlässlich sind die Aussagen oft gar nicht
mehr. Trends sind eigenwillig und unberechenbar geworden, denn die Gunst der Bloggerinnen,
It-Girls und deren Gefolge ist von größter Bedeutung und macht eine
Modeerscheinung überhaupt erst zu einem Trend. Diese Damen können ihn binnen
Sekunden zum langlebigen Evergreen, also über eine Saison hinaus machen, oder
es gibt direkt den Todesstoß ins modische Nirwana. Je nach Laune der werten
Damen. Doch eins ist sicher, wenn ein Trend es erst einmal in Mode-Olymp, also
in die Vogue, geschafft hat, dann können wir mit sicherer Wahrscheinlichkeit
davon ausgehen, dass er wieder kommt. Denn modehistorisch betrachtet, kommen
alle 20 Jahre die Trends von damals wieder. Spätestens wenn Mama wieder sagt
„Ach, das hatte ich früher auch!“, wissen wir, dass es ein Trend reloaded ist und
wir vielleicht statt lahmer Kopien von der Stange noch ein originales Vintage
Teil ergattern können. Falls der Trend so lange hält, bis Mama das Teil auf dem
Dachboden gefunden hat. Denn bestimmt bleibt er nicht so lange wie damals.
Doch die Sache mit den Trends hat
sich nicht nur im Bezug auf ihre Lebenserwartung gewandelt. Auch ihr Ursprung
ändert sich. Sie werden nicht mehr, wie früher üblich, ausschließlich auf den
großen Laufstegen der Modemetropolen geboren, und von älteren Herren mit weißem
Zopf diktiert, sondern sie entstehen dort, wo sie, wenn sie groß sind, auch mal
landen wollen: auf der Straße. Von dort verbreiten sie sich oft schneller als ein
gemeiner Virus, landen durch Blogs in der ganzen Welt und sind meist schon fast
vorbei, wenn sie es in die aktuelle Ausgabe der „beliebige Frauenzeitschrift“
geschafft hat.
Doch was macht Trends so
wichtig? Und warum gibt es immer wieder Opfer, die jeden Trend mitmachen und
völlig unreflektiert alles tragen, was gerade in ist? Und warum haben die meisten
Trends eine geringere Lebenserwartung als die gemeine Ephemeroptera (Eintagsfliege)? Ganz einfach: weil sie
Spaß machen, uns unterhalten, unseren Jagdinstinkt wecken, uns Abwechslung
bieten, uns von anderen abheben oder auch eben unsere Zusammengehörigkeit
zeigen, und weil sie ganz verlässlich, wie alte Schulfreunde irgendwann wieder
kommen…
Und dann hören wir uns sagen „
Ach, das hatte ich früher auch!“…
Also, pflegt die kleinen
Tierchen und kümmert euch gut um sie. Denn sie kommen immer wieder…
Alles Liebe,
eure Anna
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