Zum einen, weil wohl nicht jeder so viele Schuhe besitzt wie ich
und zum anderen sicher, weil ich im Laufe der Zeit etwas komischer geworden
bin, als ich eh schon war. Und auch wenn ich hier nur subjektiv von mir
schreiben kann, so hab ich das Gefühl, dass Ticks die neuen It-Acceesoires
sind. Niemand schämt sich für etwas spezielles Verhalten und jeder berichtet
offen und ehrlich über seine schrägen Angewohnheiten. Der neue Individualismus,
der sich in der Mode, Musik und im Lifestyle ausgebreitet hat, ist auch bei der
Persönlichkeit angekommen. Je mehr Ticks eine Person hat, desto kreativer und
individueller scheint sie zu sein. Ich persönlich finde das super, denn je älter
ich und natürlich auch alle anderen werden, desto mehr Ticks und kleine
Neurosen entwickeln wir. Die Lässigkeit der Jugend fällt ein bisschen von uns ab
und auch wenn die weitverbreitete Altersverschrobenheit noch meilenweit
entfernt ist, so werden wir alle doch immer ein bisschen komischer. Ich selbst
habe wohl so viele kleine Ticks, dass es ein ganzes Buch bräuchte, um diese
aufzuzählen. Doch klar ist, ich bin echt komisch geworden. Dinge, die mir
früher überhaupt gar nichts ausgemacht haben, werden langsam zu einem Problem.
Ich fliege nicht gern, ich mag keine engen und vollen Räume, ich werde schnell
seekrank, ich checke die abgeschlossene Haustür drei Mal, ebenso wie die
ausgeschaltete Kaffeemaschine und den Herd. Das sind alles Ticks, die wohl fast
jeder von uns kennt. Doch ich hab auch ein paar sehr eigene Angewohnheiten, die
mir selbst gar nicht so auffallen. Erst, wenn ich drauf hingewiesen werde, merke ich mein leicht ungewöhnliches Verhalten. So schüttele ich zum Beispiel im
Supermarkt alle trockenen Lebensmittel immer einmal, bevor ich sie in den Wagen
lege. Oder ich rieche an allem, bevor ich es esse. Bevor ich aus dem Haus gehe,
streichele ich beide Katzen schon fast zwanghaft einmal. Meine Klamotten müssen
auf ganz seltsame Weise immer zueinander passen und es fällt mir schwer, mit
orangenen Nägeln meine pinkfarbenen Laufschuhe zu kombinieren. Außerdem messe ich schon fast mit einer
Besessenheit meinen Puls; könnte ja sein, dass ich gar nicht mehr lebe. Oder?
Die Fernbedienung auf dem Wohnzimmertisch mag ich am liebsten, wenn sie alle
drei in einer Reihe liegen und das Telefon sollte mit der Schnur nach hinten
auf dem Tisch stehen. Ich nehme auch in den fünften Stock lieber die Treppe als
den Aufzug wenn ich mal in einem Zimmer über Nacht das Fenster auf lasse, dann
nur mit abgeschlossener Zimmertür. Sicherheit geht eben vor! Und das ist doch
eigentliche Grund unserer vielen, eigenwilligen Ticks: Sicherheit und die
Vermeidung von unbekannten Risiken. Okay, außer der Tick mit den Klamotten; das
ist einfach nur Eitelkeit...
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